Auf diese Veröffentlichung in der Neuen Fricktaler Zeitung habe ich zahlreiche Echos erhalten. Das freut mich sehr.
«Ich will Unsichtbares sichtbar machen»
Manuela Tschudin ist Grafikerin, Gestalterin, Glasperlendreherin
Für Manuela Tschudin ist Kreativität das Allerwichtigste. Sie braucht Raum, um sich auszudrücken, und liebt es, zu visualisieren – ihre eigenen Ideen oder die von Unternehmern und Firmen, welche sichtbar werden möchten. Daher ihr gestalterischer Beruf, daher ihre schöpferischen Hobbys.
Birke Luu
RHEINFELDEN/STEIN. Normalerweise beginnt man ein Gespräch mit einer Fremden nicht mit der Frage «Wer sind Sie?», aber bei Manuela Tschudin ist das anders, sie kann diese Frage beantworten. «Ich bin jemand, der ein Gespür für das Nicht-Sichtbare hat und einen enormen Drang empfindet, mich auf kreative Weise auszudrücken. Ich will Unsichtbares sichtbar machen» Wer jetzt an Esoterik oder Religion denkt liegt falsch, denn Manuela Tschudin lebt ihre Kreativität beruflich als Grafikerin im Bereich der Werbung und Kommunikation aus.
Die Gestalterin
So hat sie sich selbst genannt, ihren Beruf neu kreiert, als sie zwölf Jahre lang als Selbständige in Rheinfelden arbeitete und lebte. Das Beste an ihrer Arbeit sei, wenn sie sehe, dass es funktioniere, dass sie etwas von einer Person oder Firma auf passende Weise zum Beispiel in Form eines Logos sichtbar gemacht hätte, so dass dies dann eine Wirkung habe. Stimmige Kommunikation eben. Für die vielen verschiedenen Kunden brauche es dabei zahlreiche, individuelle Gedankenblitze. Gehen diese nicht irgendwann aus, werden Konzepte nicht irgendwann repetitiv? «Nein», lacht die 53-Jährige, die nach ihrer Selbständigkeit auch rund zehn Jahre bei einer Werbeagentur in Frick angestellt war und heute in Stein wohnt, wo sie auch aufgewachsen ist. «Ich habe so etwas wie einen Ideengenerator in mir. Der ist mir oft zu viel und ich weiss gar nicht, was tun bei all dieser Ideenmenge.»
Die vielen Einfälle seien zwar ihr Kapital, aber nach Feierabend abschalten sei schwierig und das beständige Weiterdenken und Ideen Produzieren verbrauche viel Energie.
Zu viel, wurde ihr vor rund fünfzehn Jahren klar und sie entschied: «Ich brauche ein Hobby!»
Die Glasperlendreherin
Manuela Tschudin wäre nicht sie selbst, wenn dieses Hobby nicht ebenfalls mit Kreativität zu tun hätte. Diese durchdringt sie bei all ihrem Tun, macht sie aus. Doch der entscheidende Unterschied zu ihrem Beruf ist, dass sie bei ihrem Hobby «absichtslos kreativ» sein darf. Schon von Kind an von schillerndem Glas und Perlenketten fasziniert, fand sie einen Wochenendkurs, bei dem sie die Grundlagen des Glasperlendrehens erlernte. Ihr neues Hobby, das Herstellen von Glasperlen, war geboren. Bis zur Reife, von Perfektion gar nicht erst zu sprechen, war es ein langer Weg.
«Glasperlen herzustellen ist nicht einfach – es braucht viel Übung, handwerkliches Geschick und viel Fachwissen über den Werkstoff Glas», dämpft sie aufkommende Ambitionen anderer. Neben einem Brenner und einzelnen kleinen Werkzeugen benutzt sie dafür eine Vielzahl an Glasstäben in unterschiedlichsten Farben. Der ausgewählte Glasstab wird erhitzt, das zähflüssige Glas dann um einen Stahlstab gewickelt. Dabei muss dieser Stab immer weitergedreht werden, da ansonsten das Glas heruntertropfen würde. «Das ist wie bei Honig», lacht sie. Schliesslich macht sie Muster in die Perle oder es kommt weiteres flüssiges Glas einer anderen Farbvariante noch hinzu. «Man muss auf jede Bewegung der Hände achten und auf die Hitze aufpassen, denn das Glas ist sehr empfindlich, sonst springt es», erklärt sie ihr Handwerk. Man müsse da voll dabei sein, sich enorm konzentrieren und genau das sei eine tolle Meditation für sie. «Was zählt, ist die Versunkenheit ins Tun, wodurch ich total abschalten kann», ist sie begeistert.
Nur um dieses Entspannen gehe es ihr, nicht um die Produktion von Perlen, die sie an Märkten verkaufen könne. Dies sei ein Nebeneffekt, da sich eben die Perlen mit der Zeit bei ihr angesammelt hätten. Da sie ohne konkretes Ziel mit dem Glasperlendrehen beginnt, braucht sie zunächst keine Idee für ihr Tun, lässt diese erst bei der Arbeit oder nach der Arbeit entstehen, nimmt keine Bestellungen an. Die reine Freude an der Form, ja besonders auch an der Farbe, steht im Vordergrund.
Die neue Farbe
Apropos Farben: von Farben war sie schon immer fasziniert, wollte garals Kind eine neue Farbe erfinden. Wenn ihre Mutter Bauernmalerei betrieb, durfte sie auch malen und hatte grosse Freude am Farbenmischen. Ständig war sie auf der Suche nach neuen Kombinationen und Mischungen, nach ihrer eigenen Farbkreation. Heute als erwachsene Frau weiss sie, dass es diese immer noch tief in ihr schlummernde Sehnsucht ist, die das Spiel mit dem bunten, teils transparenten Glas für sie so faszinierend macht. «Zudem kommt noch die Dreidimensionalität der Glasperlen hinzu, die mir noch mehr Variationsmöglichkeiten eröffnet.
» So nimmt das Arbeiten mit Glas heute fast den ganzen Platz in ihrem Leben ein, den früher das Malen ausgefüllt hat, einfach weil die Farbmöglichkeiten da viel grösser sind. Die Kreativität ist ihr Leben: Produktives, zielgerichtetes Gestalten im Beruf, absichtslos fliessende Kreativität bei ihren Hobbys. Und was ist nun ein typischer «Tschudin»?
Eine ihrer Glasnixen, -perlen oder -herzen? Interessanterweise ist die Antwort eine ganz andere: «Ein Traum von mir ist, in meinem halbrunden Atelier in Rheinfelden in dieser Rundung quadratische Acrylbilder aufzuhängen mit je einem Meditationskissen davor. Dann können Besucher sich dort hinsetzen und sich in die Bilder hineinträumen. Alle sollen mit einer guten Stimmung nach Hause gehen.» Typischer geht es nicht.
Manuela Tschudin ist also im Kern ihres Wesens Kreativität voller altruistischer Absicht. Ob sie ihren Traum verwirklichen kann oder wird, hängt wohl davon ab, wieviel Zeit sie zukünftig für ihre private Kreativität findet.
«Ich habe noch so viele Ideen: ein Kinderbuch schreiben und illustrieren oder Postkarten mit Impulsen für das Leben gestalten.» Ihr innerer Ideengenerator läuft also und Manuela Tschudin möchte diese Ideen umsetzen. So wie sie es auf ihrer persönlichen Visitenkarte verspricht: «Ich mache sichtbar.»