Der Lieblingsmensch Effekt

… ist, wenn ich etwas erfinde und statt meine Idee in die Welt zu tragen, ruhe ich mich auf dem Gefühl aus, genial zu sein mit meinen schlauen Ideen. Eines Tages kommt dann der Moment, wo mich dann meine lieben Mitmenschen aus meinem Luftschloss befreien. Entweder, indem sie fast genau dieselben Ideen auch haben oder, indem ich Jahre später die Idee umsetze aber niemand interessiert sich dafür. So kann ich ein Leben lang damit zubringen, mich für einen Genius zu halten aber meine Ideen nie umsetzen. So bleibt alles Fantasie und Illusion.

Vor vielen Jahren sagte ich spontan zu meinem damaligen Partner «Du bist mein Lieblingsmensch». Er guckte mich schräg an, fragender Ausdruck im Gesicht und es war seiner Mimik anzusehen, dass dieser Ausspruch ihn überraschte. Nicht wegen meinen Gefühlen für ihn, sondern wegen dem Wort «Lieblingsmensch». Nun ging ich im Internet recherchieren nach diesem Wort, es gab alles, Lieblingstier, Lieblingslied, Lieblingsfarbe usw. aber Lieblingsmensch fand ich nicht.

Juhu! ich habe etwas erfunden

«Wow, wie geil ist das denn, ich habe ein neues Wort erfunden,» dachte ich mir. Es beflügelte mich und ich machte Entwürfe, für eine Grusskartenkollektion. Die Idee fand ich genial, vor allem auch, weil es Liebe und Zuneigung ausdrückt, die für verschiedenste Beziehungsformen passt – von der Hochzeitskarte bis zum Muttertagsgruss, es deckte einfach alles ab. So legte ich das Erarbeitete ab in meiner Ideensammlung, für den Tag X, wenn ich dann die Welt mit meiner super Idee überraschen könnte. 

Die Zeit verging und eines Morgens wurde ich vom Radiowecker geweckt: «Hallo Lieblingsmensch, …». Ich stand sofort im Bett, «was war denn das??» Sofort ging ich meine Entwürfe holen – hm – tatsächlich, da kam jemand auf dieselbe Idee, Mist. Ich hatte mit diesem Wort damals einen Tweet abgefasst, das war unvorsichtig. Die ganze Idee, die ganzen Entwürfe futsch, nicht mehr zu gebrauchen.

Hüte Dich vor dem Ideendieb

Von nun an war ich motiviert, noch mehr Ideen zu horten und möglichst für mich zu behalten. In meine explizit für diesen Zweck programmierte Datenbank mit Passwort wurden nun alle Einfälle aufgenommen nach dem Motto: «So, alles sicher!» Doch auch das hielt nicht lange an, der mit LED-Lämpchen beleuchtete Servierportemonnaie-Innenraum (damit beim Einkassieren keine zusätzliche Hand für das Taschenlämpchen gebraucht wird) wurde mit einem kleinen Artikel in der Tageszeitung erwähnt und ich wusste es jetzt sicher: «da muss auch jemand anders auf dieselbe Idee gekommen sein wie ich!»

Was das Ganze mit Wissenschaft zu tun hat

Eine Wissenschaftlerin aus meinem Freundeskreis hat mich dann mal über dieses Phänomen aufgeklärt: oft erfinden gleichzeitig an verschiedenen Orten ForscherInnen dasselbe. Rupert Sheldrake hat sich zum Beispiel mit diesen morphogenetischen Feldern befasst, in denen das Kollektivwissen der Menschen gespeichert ist. So sind wir tatsächlich mit diesem morphischen Feld verbunden und interagieren damit. 

Bei meiner weiteren Arbeit als Grafikerin schlug ich den Menschen oft Farbkombinationen vor, welche kurz darauf zum Trend wurden. Auch erlebte ich, wie mir zahlreiche Kundinnen und Kunden das Echo gaben, dass ich ihnen genau das Richtige vorgeschlagen hatte. Nach und nach wurde es immer klarer. Dass Ideen beispielsweise nicht von mir oder aus mir heraus kommen, sondern dass ich einen Supersensor für Energie habe. Dass ich eher kollektive Dinge wahrnehme. Dass ich oft Dinge formuliere, welche andere auch spüren aber noch nicht ausdrücken können. Ich docke quasi an das morphogenetische Feld an und nehme etwas auf, was sich sowieso manifestieren will. Wenn ich dann in diesem Moment auf die Energiewelle aufspringe, dann trägt sie mich. Wenn ich aber warte, riskiere ich, dass es wer anders macht und ich es mir dann als Radiosong anhören darf.